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Verwendung von Privatgutachten im Gerichtsverfahren (Teil 5)

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Partei wollte den Kauf eines Hausgrundstücks rückgängig machen, da der beklagte Verkäufer Feuchtigkeitsschäden im Keller arglistig verschwiegen hatte. Laut gerichtlichem Sachverständigen war die Feuchtigkeit auf eine mangelhafte Außenabdichtung des Gebäudes zurückzuführen. Dagegen führte der Verkäufer ein Privatgutachten an, welches sich kritisch mit dem richterlichen Gutachten auseinandersetzte. Trotzdem verurteilte das Berufungsgericht den Verkäufer antragsgemäß, da der Bitumenanstrich nicht fachgerecht gewesen sei. Darauf ginge das Privatgutachten nicht ein, weitere Ausführungen des Privatgutachtens blieben im Ergebnis unberücksichtigt.

Der BGH hob die Entscheidung nach Nichtzulassungsbeschwerde auf und verwies zurück. Das Gericht hat das rechtliche Gehör des Verkäufers verletzt, als es sich nicht vollends mit dem Inhalt des vorgelegten Privatgutachtens auseinandersetzte. Laut BGH hatten sich aus dem Privatgutachten relevante Widersprüche zum Gerichtsgutachten ergeben, die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zur Mangelhaftigkeit des Bitumenanstrichs überzeugten nicht. Schließlich fehlte es dem Berufungsgericht an der für eine abschließende Bewertung erforderlichen Sachkunde, es hätte sich also mit dem Privatgutachten weitaus intensiver beschäftigen müssen. Durch diese Entscheidung hielt der BGH auch weiterhin an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Thema „Umgang mit Privatgutachten“ fest. Das Privatgutachten, welches lediglich einen qualifizierten Parteivortrag darstellt, kommt somit immer mehr Bedeutung zu.

BGH, Beschluss vom 21.03.2013, V ZR 204/12

Verwendung von Privatgutachten im Gerichtsverfahren (Teil 4)

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin begehrte Leistungen aus der mit der Beklagten zu Gunsten des Geschäftsführers der Klägerin geschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Das Berufungsgericht wies die Klage ab, dabei stützte es sich auf ein gerichtliches Gutachten. In diesem führte der Sachverständige aus, dass sich der Gesundheitszustand des Geschäftsführers gebessert hatte und er nur noch zu 35% berufsunfähig sei. Dagegen legte die Klägerin ein Privatgutachten eines Facharztes für Orthopädie vor, wonach der Geschäftsführer seinen früheren Beruf nicht weiter ausüben könne und Änderungen nicht zu erwarten seien. Auf dieses Privatgutachten ging das Berufungsgericht, welches die Revision nicht zuließ, nicht ein.

Der BGH hob die Entscheidung nach Nichtzulassungsbeschwerde auf und verwies zurück. Das Gericht hat das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, als es sich nicht mit dem Inhalt des vorgelegten Privatgutachtens auseinandersetzte. Laut BGH hatte das Gericht Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen ergeben, ernst zu nehmen, es hatte ihnen nachzugehen und es musste den Sachverhalt weiter aufklären. Durch diese Entscheidung hielt der BGH auch weiterhin an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Thema „Umgang mit Privatgutachten“ fest.

BGH, Beschluss vom 12.01.2011, IV ZR 190/08

Verwendung von Privatgutachten im Gerichtsverfahren (Teil 3)

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bei einem Pauschalpreis-Bauvertrag verweigerte der beklagte Bauherr die Bezahlung der siebten Abschlagszahlung, da der entsprechende Bautenstand nicht erreicht worden sei und Mängel vorlägen. Nachdem die Arbeiten von der späteren Gemeinschuldnerin eingestellt worden waren, kündigte der Bauherr nach Fristsetzung und -ablauf. Der Insolvenzverwalter klagte sodann auf Zahlung des restlichen Werklohns. Der gerichtliche Sachverständige ermittelte, dass 89,68% der Leistungen erbracht worden seien, laut OLG habe der Sachverständige „die prozentuale Gewichtung unter Heranziehung der Fachliteratur nach dem Standard des Einfamilienhauses vorgenommen“, seine Ausführungen seien „nachvollziehbar und überzeugend“ gewesen. Auf ein Privatgutachten, welches vom Bauherrn im Prozess vorgelegt wurde und wonach nur 68,18% der vereinbarten Leistungen erbracht worden seien, ging das OLG nicht ein. Es gab der Klage statt.

Der BGH hob die Entscheidung nach Nichtzulassungsbeschwerde auf und verwies zurück. Das Gericht hat das rechtliche Gehör des Bauherrn verletzt, als es sich nicht mit dem Inhalt des vorgelegten Privatgutachtens auseinandersetzte. Laut BGH musste das Gericht den mit dem Privatgutachten substantiiert gebrachten Vortrag mit dem gerichtlichen Sachverständigen erkennbar richterlich erörtern. Der BGH wies außerdem darauf hin, dass die Bewertung der erbrachten Leistungen bei einem gekündigten Werkvertrag an der vertraglichen Vereinbarung und nicht an Standardliteratur zu messen sei. Durch diese Entscheidung hielt der BGH auch weiterhin an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Thema „Umgang mit Privatgutachten“ fest.

BGH, Beschluss vom 27.01.2010, VII ZR 97/08

Verwendung von Privatgutachten im Gerichtsverfahren (Teil 2)

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einem Deckungsprozess gegen eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entschied das Landgericht nach Einholung eines gerichtlichen Gutachtens zu Lasten des Klägers. Dieser legte in der Berufungsinstanz ein Privatgutachten vor, das inhaltlich dem gerichtlichen Gutachten entgegenstand. Das OLG ging auf das Privatgutachten sodann nicht ein und wies die Berufung im Wesentlichen zurück.

Der BGH hob die Entscheidung nach Nichtzulassungsbeschwerde auf und verwies zurück. Das Gericht hat ein dem gerichtlich eingeholten Gutachten entgegenstehendes Privatgutachten von Amts wegen zu berücksichtigen, solange es nicht sachliche Argumente vorbringt, warum dem einen oder anderen Gutachten gefolgt wird. Durch diese Entscheidung hielt der BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Thema „Umgang mit Privatgutachten“ fest.

BGH, Beschluss vom 18.05.2009, IV ZR 57/08

Verwendung von Privatgutachten im Gerichtsverfahren (Teil 1)

Der BGH-Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der klagende Anwalt machte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, wobei die Versicherung das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit von mehr als 50 % bestritt. Obwohl der Kläger ein Privatgutachten, welches seine Behauptungen stützte, vorlegte, lehnte das Berufungsgericht eine weitere Beweisaufnahme ab. Dagegen wandte sich die Revision des Klägers.

Der BGH gab dem Kläger recht, es erfolgte eine Rückverweisung zur weiteren Sachaufklärung. Durch den BGH wurde festgestellt, dass ein Privatgutachten, dessen Ergebnisse von einem Gerichtsgutachten abweichen, die gleiche Folge herbeiführt, wie das Vorliegen zweier gerichtlich bestellter, aber sich widersprechender Sachverständigengutachten: Das Gericht darf in dieser Situation nicht einem Gutachten ohne einer sachlich nachvollziehbaren Begründung den Vorzug geben. Es hat die aufgezeigten Widersprüche in den Gutachten näher aufzuklären, gegebenenfalls unter weiterer sachverständiger Beratung.

Die Parteien können in Zukunft bei zweifelhaften Fällen an die Möglichkeit denken, das Gutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen durch einen privat beauftragten Gutachter überprüfen zu lassen. Fraglich bleibt diese Vorgehensweise jedoch im Bereich des selbständigen Beweisverfahrens.

BGH, Urteil vom 24.09.2008, IV ZR 250/06