0941/465233-0 info@fritzundpartner.com

Keine Verwirkung der Mängelrechte wegen unwirksamer Abnahmeklausel

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Erstverwalter, welcher vom Bauträger selbst bestimmt wurde, erklärte 2003 die Abnahme des Gemeinschaftseigentums in Vollmacht aller Erwerber aufgrund einer vom Bauträger gestellten Formularklausel. Es stellt sich heraus, dass diese Formularklausel AGB-rechtlich unwirksam ist. 2016 begehrte die Wohnungseigentümergemeinschaft klageweise Vorschuss wegen Schallmängel des Aufzugs. Der beklagte Bauträger beruft sich darauf, dass die Mängelansprüche jedenfalls verwirkt seien und führt aus, dass ihm nach über 13 Jahren erhebliche Nachteile entstehen würden. So seien zum einen seine Mängelansprüche gegen Planer und ausführende Unternehmer längst abgelaufen, zum anderen habe er nach Ablauf der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht so gut wie alle Unterlagen vernichtet, darunter die der Aufzugsanlage. Darüber hinaus wäre es der Wohnungseigentümergemeinschaft ohne Weiteres möglich gewesen, die Schallmängel vor Ablauf der fünfjährigen Mängelverjährungsfrist zu rügen.

Das OLG München entschied nun, dass die Mängelansprüche nicht verwirkt sind. Verwirkung liegt dann vor, wenn der Berechtigte ein ihm zustehendes Recht längere Zeit nicht geltend macht und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamt Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass der Berechtigte das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde. Gerade so liegt es vorliegend jedoch nicht. Der beklagte Bauträger hat es mit der Verwendung der unwirksamen Abnahmeklausel gerade selbst zu vertreten, dass die Mängelverjährungsfrist nicht zu laufen begann (fehlendes Umstandsmoment). Er musste damit rechnen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft davon erst später Kenntnis erlangt und somit auch noch nach Ablauf der eigentlichen Mängelverjährungsfrist Mängelansprüche geltend macht. Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Schallmängel der Aufzugsanlage bereits seit längerem kannte, ändert hieran nichts.

OLG München, Urteil vom 24.04.2018 – 28 U 3042/17 Bau

Unwirksamkeit einer Bauträgervertragsregelung bezüglich der Abnahme durch einen vom Bauträger zu beauftragenden Gutachter

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Bauträgervertrag enthält die Regelung, dass „die Abnahme der Anlagen und Bauteile, die im gemeinschaftlichen Eigentum aller Miteigentümer stehen (…), erfolgt für die Wohnungseigentümer (Erwerber) durch einen vom Verwalter zu beauftragenden vereidigten Sachverständigen“. Wohnungseigentümergemeinschaft und Bauträger streiten sich nun um Mängelansprüche, insbesondere darum, ob diese mittlerweile verjährt sind.

Das OLG Karlsruhe entschied nun, dass mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums die Verjährung von etwaigen Mängelansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht zu laufen begann. Dies wird damit begründet, dass die Regelung, wonach ein vom Verwalter zu bestellender Sachverständiger die Abnahme des Gemeinschaftseigentums für die Erwerber durchführen soll, wegen unangemessener Benachteiligung der Erwerber undwirksam ist. Dem Erwerber wird die Möglichkeit genommen, über die Ordnungsmäßigkeit der Werkleistung selbst zu befinden. Es ist zu befürchten, dass die Prüfung der Voraussetzungen der Abnahmefähigkeit durch den Sachverständigen nicht neutral durchgeführt wird, sondern unter der Einflussnahme des Bauträgers, der einen wirtschaftlichen oder rechtlich mit ihm verbundenen Erstverwalter bestellen und diesem die Beauftragung eines bestimmten ebenfalls wirtschaftlich oder rechtlich mit ihm verbundenen Sachverständigen aufgeben kann.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.04.2018 – 8 U 19/14

Zu den Voraussetzungen eines ausreichenden Vergemeinschaftungsbeschlusses

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft leitet ein selbständiges Beweisverfahren mit der Behauptung ein: „Entspricht es den Tatsachen, dass im Bereich der Tiefgarage die Schutzabdeckung des Oberflächenschutzes an den Wänden und Stützen unterhalb des Pflasters fehlt und dies einen Mangel darstellt?“ Dies wird vom Gerichtssachverständigen bejaht, woraufhin es zu einer Klage gegen den Bauträger kommt. Der beklagte Bauträger beruft sich nun darauf, dass es an der erforderlichen Aktivlegitimation fehlt und wendet außerdem Verjährung ein.

Das OLG München entschied nun, dass der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, wonach der Verwalter die Mängel der Erwerber gesammelt unter Fristsetzung dem Bauträger melden soll und:“(…) die WEG beschließt weiter, die Beauftragung und Bevollmächtigung des Verwalters … im Namen und auf Rechnung der WEG … einen Rechtsanwalt mit der notfalls gerichtlichen Durchsetzung der seitens des Sachverständigen festgestellten und der Gewährleistung unterliegenden Baumängel am Gemeinschafts- und Sondereigentum gegenüber dem Bauträger zu beauftragen. Insbesondere kann beim zuständigen Gericht sowohl ein selbständiges Beweisverfahren, eine Vorschussklage als auch ein ordentliches Gerichtsverfahren hinsichtlich der Gewährleistung unterliegenden Mängel am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger beantragt bzw. eingeleitet werden.“ einen ausreichenden Beschluss zur außergerichtlichen und gerichtlichen Verfolgung von Mängelrechten bezüglich der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz durch die Wohnungseigentümergemeinschaft darstellt.

Die Mängelrechte wurden vorliegend an die Gemeinschaft übertragen und der Verwalter zur Geltendmachung ermächtigt, dies muss nicht zwingend in zwei separaten Beschlüssen erfolgen.

Des Weiteren stellte das OLG München fest, dass die Bezeichnung der Mängel im Beweisantrag zur Verjährungshemmung ausreichend ist. Es lässt sich in einer Tiefgarage nicht zwischen horizontalen und vertikalen Oberflächenschutzsystemen unterscheiden, sodass der Antragsteller die Mangelursache nicht mitteilen muss und diese sogar falsch angeben darf, was verjährungsrechtlich unschädlich ist.

OLG München, Urteil vom 19.04.2016 – 9 U 3566/15 Bau

Zum Recht der Wohnungseigentümer auf sofortige Instandsetzung bei gravierenden baulichen Mängeln

Dem BGH-Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Wände der im Souterrain befindlichen Teileigentumseinheiten der Kläger – in der Teilungsanordnung bezeichnet als Laden bzw. Büro – weisen erhebliche Durchfeuchtungen auf. Ein eingeholtes Sachverständigengutachten führte diesen Umstand auf die fehlende außenseitige Sockelabdichtung und eine fehlende Horizontalsperre des im Jahre 1890 erbauten und im Jahre 1986 renovierten Gebäudes zurück. Die Kläger beantragten daher, die Feuchtigkeitsschäden nach den allgemeinen Regeln der Technik zu beseitigen, eine Horizontalsperre einzubringen und eine Vertikalsperre aufzubringen. Diese Anträge wurden von der Mehrheit der Wohnungseigentümer abgelehnt, wogegen sich die betroffenen Wohnungseigentümer nun klageweise wenden. In I. Instanz wurde die Klage überwiegend abgelehnt, wohingegen die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft in II. Instanz zur Zustimmung zu den Anträgen verurteilt wurde. Dagegen wendet sich anschließend die Revision der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Der BGH stellte nun folgendes klar: Im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung, insbesondere bezüglich der ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums haben die Wohnungseigentümer insoweit einen Gestaltungsspielraum als sie das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer nehmen müssen. Kosten und Nutzen einer Maßnahme sind daher gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen gegebenenfalls zurückzustellen.

Hier liegt es aber so, dass die beantragten Maßnahmen für die Instandsetzung des Wohnungseigentums zwingend erforderlich waren. Das Gemeinschaftseigentum muss jedenfalls so beschaffen sein, dass das Sondereigentum zu dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Zweck – vorliegend Laden bzw. Büro – genutzt werden kann, was bei den hier vorliegenden gravierenden baulichen Mängeln nicht mehr der Fall war. Eine sofortige Instandsetzung war daher zwingend erforderlich und die betroffenen Wohnungseigentümer können die Sanierung verlangen. Dies gilt laut BGH auch dann, wenn es sich um anfängliche Mängel handelt.

BGH, Urteil vom 04.05.2018, V ZR 203/17

Wen trifft die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft?

Dem BGH-Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Sondereigentum des klagenden Wohnungseigentümers wies trotz ordnungsgemäß beschlossener und durchgeführter Instandsetzungsmaßnahmen weiterhin Feuchtigkeitsmängel auf. Der Verwalter wurde sodann vom Kläger darüber informiert, unternahm daraufhin allerdings nichts. Der Kläger verlangt deshalb Schadensersatz von der Wohnungseigentümergemeinschaft, was jedoch in I. Instanz abgewiesen wurde. In II. Instanz bekam der Kläger teilweise Recht, wogegen sich anschließend die Revision der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft richtet.

Der BGH gab nun der Wohnungseigentümergemeinschaft Recht. Laut BGH trifft die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Pflicht wurde vorliegend vom Verwalter durch sein Untätigbleiben verletzt, was jedoch keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft begründen kann.

Der klagende Wohnungseigentümer muss sich daher ausschließlich an den Verwalter halten, von dem er die Einhaltung seiner gesetzlichen Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verlangen kann. Damit wendet sich der BGH von seiner bisherigen Denkweise ab.

BGH, Urteil vom 08.06.2018, V ZR 125/17

Streitwertfestsetzung einer Klage auf Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien stritten darüber, ob bei einer Klage auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums der volle Kaufpreis oder nur ein Bruchteil desselben als Streitwert anzusetzen war.

Der BGH entscheidet Folgendes: Der Streitwert einer Klage auf Erteilung der Zustimmung der Veräußerung des Wohnungseigentums nach § 12 III WEG beträgt in der Regel 20 Prozent des Verkaufspreises des Wohnungseigentums. Begründet wird dies mit der Tatsache, dass durch die Verweigerung der Zustimmung die Veräußerung nicht allgemein verhindert, sondern lediglich verzögert wird, bis die Erteilung der Zustimmung im Klagewege durchgesetzt werden kann bzw. der Wohnungseigentümer einen Erwerber findet, gegen den kein wichtiger Grund spricht. Aus diesem Grund liegt der Nachteil des veräußernden Wohnungseigentümers grundsätzlich nur in der Verzögerung der Veräußerung bzw. gegebenenfalls in einem geringeren Verkaufserlös, sodass sich der Nachteil nur auf einen Bruchteil des Verkaufspreises bezieht, den der Senat in der Regel auf 20 Prozent schätzt.

BGH, Beschluss vom 18.01.2018, V ZR 71/17