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Zu den Voraussetzungen eines ausreichenden Vergemeinschaftungsbeschlusses

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft leitet ein selbständiges Beweisverfahren mit der Behauptung ein: „Entspricht es den Tatsachen, dass im Bereich der Tiefgarage die Schutzabdeckung des Oberflächenschutzes an den Wänden und Stützen unterhalb des Pflasters fehlt und dies einen Mangel darstellt?“ Dies wird vom Gerichtssachverständigen bejaht, woraufhin es zu einer Klage gegen den Bauträger kommt. Der beklagte Bauträger beruft sich nun darauf, dass es an der erforderlichen Aktivlegitimation fehlt und wendet außerdem Verjährung ein.

Das OLG München entschied nun, dass der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, wonach der Verwalter die Mängel der Erwerber gesammelt unter Fristsetzung dem Bauträger melden soll und:“(…) die WEG beschließt weiter, die Beauftragung und Bevollmächtigung des Verwalters … im Namen und auf Rechnung der WEG … einen Rechtsanwalt mit der notfalls gerichtlichen Durchsetzung der seitens des Sachverständigen festgestellten und der Gewährleistung unterliegenden Baumängel am Gemeinschafts- und Sondereigentum gegenüber dem Bauträger zu beauftragen. Insbesondere kann beim zuständigen Gericht sowohl ein selbständiges Beweisverfahren, eine Vorschussklage als auch ein ordentliches Gerichtsverfahren hinsichtlich der Gewährleistung unterliegenden Mängel am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger beantragt bzw. eingeleitet werden.“ einen ausreichenden Beschluss zur außergerichtlichen und gerichtlichen Verfolgung von Mängelrechten bezüglich der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz durch die Wohnungseigentümergemeinschaft darstellt.

Die Mängelrechte wurden vorliegend an die Gemeinschaft übertragen und der Verwalter zur Geltendmachung ermächtigt, dies muss nicht zwingend in zwei separaten Beschlüssen erfolgen.

Des Weiteren stellte das OLG München fest, dass die Bezeichnung der Mängel im Beweisantrag zur Verjährungshemmung ausreichend ist. Es lässt sich in einer Tiefgarage nicht zwischen horizontalen und vertikalen Oberflächenschutzsystemen unterscheiden, sodass der Antragsteller die Mangelursache nicht mitteilen muss und diese sogar falsch angeben darf, was verjährungsrechtlich unschädlich ist.

OLG München, Urteil vom 19.04.2016 – 9 U 3566/15 Bau

Kein Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung bei zurückbehaltenem Werklohn

Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der klagende Auftraggeber verlangt vom beklagten Aufragnehmer zur Beseitigung von Mängeln einen Kostenvorschuss in Höhe von EUR 32.130, während er gleichzeitig die Zahlung auf die Werklohnforderung zurückbehalten hat. Des Weiteren begehrt der Auftraggeber Rückzahlung von Abschlagszahlungen abzüglich Wertzuwachs, die dazugehörige Abrechnung trägt der Kläger allerdings erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor.

Das OLG München beschloss nun das Nachfolgende: Es wird dem BGH gefolgt, wonach dem Auftraggeber ein Kostenvorschuss nicht zusteht, soweit er sich aus zurückbehaltenem Werklohn befriedigen kann, indem er nach durchgeführter Ersatzvornahme gegen den Vergütungsanspruch aufrechnet. Bezüglich der Abschlagsrückzahlung wird ebenso auf die vorliegende BGH-Rechtsprechung verwiesen, wonach der Auftraggeber schlüssig die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Auszahlung eines Saldoüberschusses aus einer Schlussabrechnung vorzutragen und darzulegen hat. Allerdings erfolgte dies im vorliegenden Fall nachträglich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung und somit verspätet.

OLG München, Beschluss vom 08.10.2015 – 27 U 1614/15 Bau

Zum Recht der Wohnungseigentümer auf sofortige Instandsetzung bei gravierenden baulichen Mängeln

Dem BGH-Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Wände der im Souterrain befindlichen Teileigentumseinheiten der Kläger – in der Teilungsanordnung bezeichnet als Laden bzw. Büro – weisen erhebliche Durchfeuchtungen auf. Ein eingeholtes Sachverständigengutachten führte diesen Umstand auf die fehlende außenseitige Sockelabdichtung und eine fehlende Horizontalsperre des im Jahre 1890 erbauten und im Jahre 1986 renovierten Gebäudes zurück. Die Kläger beantragten daher, die Feuchtigkeitsschäden nach den allgemeinen Regeln der Technik zu beseitigen, eine Horizontalsperre einzubringen und eine Vertikalsperre aufzubringen. Diese Anträge wurden von der Mehrheit der Wohnungseigentümer abgelehnt, wogegen sich die betroffenen Wohnungseigentümer nun klageweise wenden. In I. Instanz wurde die Klage überwiegend abgelehnt, wohingegen die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft in II. Instanz zur Zustimmung zu den Anträgen verurteilt wurde. Dagegen wendet sich anschließend die Revision der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Der BGH stellte nun folgendes klar: Im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung, insbesondere bezüglich der ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums haben die Wohnungseigentümer insoweit einen Gestaltungsspielraum als sie das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer nehmen müssen. Kosten und Nutzen einer Maßnahme sind daher gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen gegebenenfalls zurückzustellen.

Hier liegt es aber so, dass die beantragten Maßnahmen für die Instandsetzung des Wohnungseigentums zwingend erforderlich waren. Das Gemeinschaftseigentum muss jedenfalls so beschaffen sein, dass das Sondereigentum zu dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Zweck – vorliegend Laden bzw. Büro – genutzt werden kann, was bei den hier vorliegenden gravierenden baulichen Mängeln nicht mehr der Fall war. Eine sofortige Instandsetzung war daher zwingend erforderlich und die betroffenen Wohnungseigentümer können die Sanierung verlangen. Dies gilt laut BGH auch dann, wenn es sich um anfängliche Mängel handelt.

BGH, Urteil vom 04.05.2018, V ZR 203/17

Wen trifft die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft?

Dem BGH-Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Sondereigentum des klagenden Wohnungseigentümers wies trotz ordnungsgemäß beschlossener und durchgeführter Instandsetzungsmaßnahmen weiterhin Feuchtigkeitsmängel auf. Der Verwalter wurde sodann vom Kläger darüber informiert, unternahm daraufhin allerdings nichts. Der Kläger verlangt deshalb Schadensersatz von der Wohnungseigentümergemeinschaft, was jedoch in I. Instanz abgewiesen wurde. In II. Instanz bekam der Kläger teilweise Recht, wogegen sich anschließend die Revision der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft richtet.

Der BGH gab nun der Wohnungseigentümergemeinschaft Recht. Laut BGH trifft die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Pflicht wurde vorliegend vom Verwalter durch sein Untätigbleiben verletzt, was jedoch keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft begründen kann.

Der klagende Wohnungseigentümer muss sich daher ausschließlich an den Verwalter halten, von dem er die Einhaltung seiner gesetzlichen Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verlangen kann. Damit wendet sich der BGH von seiner bisherigen Denkweise ab.

BGH, Urteil vom 08.06.2018, V ZR 125/17

Verzicht auf einen Sachverständigen nur bei eigener besonderer Sachkunde des Gerichts möglich

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der klagende Unternehmer wurde nach Durchführung eines Vergabeverfahrens beauftragt, Arbeiten für den Neubau einer Bundesstraße auszuführen. Nach Abschluss der Arbeiten wurde die Leistung abgenommen und durch den Kläger abgerechnet. Mit der Klage machte der Unternehmer nun Mehrkosten geltend, die seiner Meinung nach dadurch entstanden sind, dass während der Ausführung der Arbeiten teilweise die Bodenqualität nicht der Klassifizierung in den Vergabeunterlagen entsprach, welche zurückzuführen waren auf ein ingenieurgeologisches Gutachten. Der Kläger gab sodann seinerseits ein Gutachten in Auftrag, welches zu abweichenden Ergebnissen führte.

Die Gerichte in I. und II. Instanz wiesen die Klage ohne weitere Sachaufklärung ab mit der Begründung, dass der Unternehmer nicht nachweisen könne, tatsächlich von den Vergabeunterlagen abweichende Bodenverhältnisse vorgefunden zu haben.

Der BGH entschied nun, dass die Entscheidungen den Kläger in seinem Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzen. Die Einordnung des Bodens in die richtige Bodenklasse erfordert besonderes Fachwissen. Das Gericht hätte sich daher einer sachverständigen Beratung bedienen müssen oder insoweit die eigene Sachkunde darlegen, was jedoch beides unterblieb.

Aufgrund dieses Verfahrensfehlers wird die Sache nun an das Berufungsgericht zurückverwiesen, welches ein Sachverständigengutachten einzuholen hat.

BGH, Beschluss vom 25.04.2018, VII ZR 299/14