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Streitwertfestsetzung einer Klage auf Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien stritten darüber, ob bei einer Klage auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums der volle Kaufpreis oder nur ein Bruchteil desselben als Streitwert anzusetzen war.

Der BGH entscheidet Folgendes: Der Streitwert einer Klage auf Erteilung der Zustimmung der Veräußerung des Wohnungseigentums nach § 12 III WEG beträgt in der Regel 20 Prozent des Verkaufspreises des Wohnungseigentums. Begründet wird dies mit der Tatsache, dass durch die Verweigerung der Zustimmung die Veräußerung nicht allgemein verhindert, sondern lediglich verzögert wird, bis die Erteilung der Zustimmung im Klagewege durchgesetzt werden kann bzw. der Wohnungseigentümer einen Erwerber findet, gegen den kein wichtiger Grund spricht. Aus diesem Grund liegt der Nachteil des veräußernden Wohnungseigentümers grundsätzlich nur in der Verzögerung der Veräußerung bzw. gegebenenfalls in einem geringeren Verkaufserlös, sodass sich der Nachteil nur auf einen Bruchteil des Verkaufspreises bezieht, den der Senat in der Regel auf 20 Prozent schätzt.

BGH, Beschluss vom 18.01.2018, V ZR 71/17

Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan nur nach vorheriger Zurverfügungstellung des Plans möglich

Dem Urteil des Landgerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einer Eigentümerversammlung wurde der Beschluss über einen Wirtschaftsplan gefasst, wobei der Vorentwurf des Plans den Wohnungseigentümern nicht vorab übersandt wurde. In erster Instanz wurde die Beschlussanfechtungsklage abgewiesen, wobei der Kläger vortrug, dass der Beschluss bereits deshalb für ungültig zu erklären sei, da der Wirtschaftsplan nicht mit der Einladung zugeschickt worden sei.

Die Berufung hat Erfolg. Das Landgericht führt aus, dass eine Übersendung von Unterlagen zu einem vorgeschlagenen Beschluss notwendig ist, insofern für die Beschlussfassung eine eingehende inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Unterlagen von wesentlicher Bedeutung ist. Dies ist im Hinblick auf Abrechnungen und Wirtschaftspläne regelmäßig der Fall. Der Kläger beanstandet zu Recht, dass ihm die Möglichkeit einer Überprüfung auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit nicht genügend gegeben wurde und er sich daher nicht ausreichend auf die Beschlussgegenstände vorbereiten konnte. Der Beschluss ist daher für ungültig zu erklären.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.03.2018, 2-13 S 184/16

Abrechnungspflicht bei Verwalterwechsel

Dem BGH-Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte wurde als Verwalter im Januar 2015 abbestellt und kam daraufhin einer Forderung der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft, das Jahr 2014 abzurechnen, nicht nach. Nach Abrechnung durch einen Dritten verlangte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nun Ersatz der Kosten.

Die Klägerin hat Erfolg vor dem BGH, welcher sein Urteil mit einer Verletzung des Verwaltervertrags i. V. m. §§ 280 I, III, 281 II BGB durch den ehemaligen Verwalter begründet. Die Pflicht zur Erstellung einer Abrechnung trifft den Verwalter, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber war, unabhängig davon – aber vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung – , ob er eventuell später aus dem Vertragsverhältnis ausscheidet oder ob im Zeitpunkt seines Ausscheidens die Abrechnung bereits fällig war. Der BGH verweist darauf, dass es der allgemeinen Ansicht entspricht, dass nach Beendigung des Verwaltervertrags noch nachwirkende Pflichten bestehen können, wie eben beispielsweise die Erstellung einer Abrechnung sofern der Anspruch darauf bereits in der Amtszeit des Verwalters entstanden ist. Eine zusätzliche Vergütung kann der Verwalter dafür – wieder vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen – nicht verlangen.

BGH, Urteil vom 16.02.2018, V ZR 89/17

Verwendung von Privatgutachten im Gerichtsverfahren (Teil 8)

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einer Kündigung stritten die Parteien um Feuchtigkeitsschäden, wegen derer die Beklagten (Vater und Sohn) gemindert hatten. Zuvor wurde von einem der Beklagten (Vater) ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, in dem der Sachverständige bauseitige Mängel verneinte. Daraufhin wurde eine Sachverständigenanhörung beantragt, welche dahin beschieden wurde, dass das Beweisverfahren beendet sei und die Befragung des Sachverständigen im zwischenzeitlich anhängigen Räumungsverfahren erfolgen müsse. Im dortigen Räumungsverfahren hatten die Beklagten auf das Hauptverfahren verwiesen, unter Vorlage eines Privatgutachtens die Ergebnisse angegriffen und folgendes angeführt: Der Sachverständige war vergeblich gebeten worden, sich zu erklären, ob eine schriftliche Beantwortung der an ihn gestellten Fragen oder eine mündliche Erläuterung zweckdienlich sei und dass vom Gericht angeregt worden sei, die Fragen im Rahmen des Räumungsprozesses zu klären. Es war vorsorglich die Einholung eines „Obergutachtens“ beantragt worden. Sodann beantragten die Beklagten in der mündlichen Verhandlung erneut eine Anhörung, welche vom Gericht allerdings als nach §§ 411, 296 ZPO präkludiert angesehen wurde. Fraglich ist, ob dies zu Recht geschah.

Der BGH entschied nun, dass dies nicht der Fall war. Es wurden bereits bei einem der Beklagten (Vater), welcher unmittelbarer Beteiligter des selbständigen Beweisverfahrens war, die Präklusionsnormen falsch bewertet. Beim anderen Beklagten (Sohn), welcher am Hauptverfahren gar nicht beteiligt war und erst durch eine Klageerweiterung Partei des hiesigen Rechtsstreits wurde, galt dies letztlich „erst recht“. Dieser musste zumindest keine zwingende Veranlassung haben, vor Erlass oder Ankündigung einer Verwertungsanordnung überhaupt zum Gutachten Stellung zu nehmen und Anträge zu stellen. Außerdem, nachdem er seinen Erläuterungsantrag ohnehin erstmals in der mündlichen Verhandlung zu stellen hatte, bestand zudem kein Anhalt, dass er sich den Anträgen des anderen Beklagten (Vater) zur Rechtsverteidigung nicht ohnehin von Anfang an anschließen wollte. Vielmehr war davon sogar aufgrund des identischen Verteidigungsvorbringens auszugehen. Des Weiteren wurde dem Beklagten (Sohn) zu keinem Zeitpunkt eine Erklärungsfrist zum Gutachten gesetzt (vgl. § 411 IV 2 ZPO), so dass eine Zurückweisung des Erläuterungsantrags gemäß § 296 I ZPO von vorneherein nicht in Betracht kam.

BGH, Beschluss vom 14.11.2017, VIII ZR 101/17

Verwendung von Privatgutachten im Gerichtsverfahren (Teil 7)

Dem BGH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger begehrte nach einem Verkehrsunfall im Jahr 2005 Schadensersatz. Er machte geltend, infolge des Unfalls noch immer an Kopfschmerzen zu leiden, was ihm die Arbeit als Bauingenieur unmöglich machte. Die Beklagte führte dagegen aus, dass etwaige Beschwerden auf psychische Belastungen wegen des bereits vor dem Unfall eröffneten Insolvenzverfahrens und der fortdauernden Überschuldung des Klägers zurückzuführen sind. Das Landgericht wies die Klage sodann, gestützt auf ein medizinisches Sachverständigengutachten, ab. Laut Gutachten war die erlittene Halswirbelsäulen-Distorsion Ende 2008 ausgeheilt. Mit der Berufung hatte der Kläger dagegen ein Privatgutachten eines Dipl.-Psychologen vorgelegt. Nichtsdestotrotz wies das OLG die Berufung zurück.

Der BGH hob die ENtscheidung nach Nichtzulassungsbeschwerde auf und verwies zurück. Das Gericht hatte die Gewährung auf das rechtliche Gehör des Klägers verletzt, da es sich nicht mit der psychologischen Stellungnahme auseinandersetzte und daher davon ausgegangen werden kann, dass die Einwendungen überhaupt nicht berücksichtigt worden seien. Das Privatgutachten war weder unerheblich noch offensichtlich unsubstantiiert, sodass die Möglichkeit bestünde, dass das Gericht bei Berücksichtigung der Stellungnahme zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Durch diese Entscheidung hielt der BGH auch weiterhin an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Thema „Umgang mit Privatgutachten“ fest.

Ein Privatgutachten kann auch erst in zweiter Instanz eingeholt werden, wenn damit bereits vorgebrachte Einwendungen ausschließlich konkretisiert und ergänzt werden sollen, diese also nicht völlig neu sind.

BGH, Beschluss vom 05.12.2017, VI ZR 184/17